Splügen – Bellinzona: Passtag

Splügen – Bellinzona: Passtag

In der Nacht auf Montag, den 2. Juni, ging es wieder einmal ganz gut zur Sache. Der Wind war diesmal vermutlich weniger stark. So ganz war das nicht zu ermitteln, da diesmal der Regen derartig stark auf das Zelt prasselte, da ein eventuell vorhandener Wind gar nicht mehr zu hören gewesen wäre.

Im Zelt ist das aber eigentlich sehr angenehm, solange man nicht raus muss. Das mussten wir um 4:30 Uhr. Für den Nachmittag waren starker Regen und Gewitter angekündigt, wir hatten also die Möglichkeiten früh über den Pass oder den Tag abzuwarten. Als wir aufstanden, war es trocken: Also ging es um 5:30 Uhr los.

Die alte Passstraße hatten wir um diese Uhrzeit fast für uns allein. Nur kurz gerieten wir in den Berufsverkehr der örtlichen Milchproduzenten.

Gegen 6:40 Uhr standen wir dann am Fuß des Passaufstiegs. Jetzt galt es, möglichst ohne Probleme drüber zu kommen.

Wir arbeiteten uns Kehre für Kehre nach oben, und es lief gut. Die Steigung war sehr konstant und durchgehend ganz angenehm zu fahren, auch mit Gepäck.

Nach gut 50 Minuten warfen wir den letzten Block auf Hinterrhein (Dorf und Fluss) vom unteren Satz Serpentinen

und arbeiteten uns weiter den mittleren Teil hoch. Blick nach unten:

Blick nach oben:

Hier erwischte es uns dann ziemlich überraschend: Es setzte ein sehr plötzlicher Starkregen ein, und die paar Minuten bis zum schon sichtbaren Unterstand reichten aus, dass wir ziemlich durchgeregnet wurden.

Der Unterstand war hier der nördliche Betonabluftschachtturm des Tunnels, der uns erst einmal Zeit zum Sortieren gab.

Die Hosen waren durch, die Socken ebenso. Die Temperatur fiel wie der Regen, also einmal wärmer anziehen, trockene Socken und lange Unterhose plus Regenhose. Vor allem der letzte Punkt ist nicht wirklich angenehm zum Fahren und kombiniert zwei eher unangenehme Kleidungsstücke perfekt.

Der Pass lag in den Wolken

und es donnerte auch immer mal wieder in der Ferne. Hier war einigermaßen klar: Wir müssen möglichst schnell über den Pass und zumindest bis San Bernadino auf der gegenüberliegenden Seite. Bei der Zwangspause wärmt man sich natürlich an besten mit…

Kaffee! Die Bialetti mit Panorama hat ja hier schon fast so viel Tradition wie das Bierselfie. Entsprechend wollten wir eigentlich am Pass selbst diese Pause machen. Ein richtiges Frühstück gab es aber nicht… In Splügen hatte früh morgens der Bäcker noch nicht offen, so dass uns Bananen und Schokoriegel über den Pass bringen mussten. Nach 30 oder 40 Minuten gab es die Chance, der Regen wurde weniger, und…

Geschafft! Der höchste Punkt der Reise (das sollte ja niemanden überraschen) war erreicht. Neben einem kleinen See gibt es ein Gasthaus, das noch nicht geöffnet war. Und es lag auch noch etwas Schnee, auf den ich persönlich sehr gehofft hatte!

Oben auf dem Pass stand noch ein Wohnmobil, sonst waren wir ganz alleine. Zu diesem Zeitpunkt war es sogar kurz trocken, aber wir wollten trotzdem schnell weiter. Entsprechend ging es zur Abfahrt auf der  Tessiner Seite. Davor hatte ich fast ein bisschen mehr Sorgen als vor der Auffahrt, wie es wohl meiner Höhenangst hier gehen würde.

(Im Bild auch der zweite Entlüftungsturm der Südseite)

Ich ließ erstmal Arne ein bisschen vorausdüsen

Dann holte ich auf und sauste vorbei

Und so ging das ein bisschen hin und her.

Die Abfahrt machte tatsächlich riesigen Spaß! Bei trockener Fahrbahn hätte man hier wohl noch ein bisschen mehr Spaß haben können, aber wenigstens regnete es den ersten Teil der Abfahrt nicht. Der Regen sorgte aber immerhin dafür, dass wir den Pass praktisch für uns hatten: Bei der Auffahrt überholte uns ein Baustellen-Pickup, bei der Abfahrt einmal ein Wohnmobil.

Dann setzten aber Starkregen, Donner und Blitz wieder ein… Also standen wir wieder da wie die begossenen Pudel.

So kämpften wir uns nach unten. Es war zu Beginn sehr kalt, der Regen extrem stark… Je weiter wir fuhren, desto wärmer wurde es langsam. Der Regen aber setzte immer mal wieder aus, aber dafür auch immer wieder ein. Und die Rampe war lang. Ich hatte nach dem richtigen Pass lockeres Rollen erwartet, stattdessen habe ich glaube ich meine Bremsklötze auf die Hälfte reduziert.

Außerdem haben wir eine Herde Lämmer aufgeschreckt (nicht unsere Schuld) und einen Schweinestall komplett aufgeschreckt (auch nicht unsere Schuld). Eine Gruppe Esel hingegen ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen… Meine Versuche sie zu füttern waren aber wenig erfolgreich. Beide Esel wollten das schmackhafte angebotene Gras-Kräuter-Bouqet nicht fressen, hatten aber Angst dass der andere ihnen etwas wegfrisst.

In Bellinzona entschieden wir uns schließlich, zur Abwechslung ein Zimmer zu nehmen. Am Ende mussten doch zu viele Kleidungsstücke getrocknet werden, was im Zelt bei Regen nie passieren wird. Am Ende standen 77km auf dem Tacho:

Aber vor allem das gute Gefühl: Jetzt haben wir erfolgreich ein echtes Gebirge überquert!

Und das will belohnt werden – wer glaubt scharfe Augen zu haben, kann versuchen im Hintergrund eine der drei Burgen von Bellinzona zu erkennen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Consent Management Platform von Real Cookie Banner